Weihnachtszirkusse in Deutschland (Vorwort)

Süßer die Kassen nie klingeln... So brachte die deutsche Circuszeitung im Jahr 2024 das Phänomen der Weihnachtszirkusse treffend auf den Punkt. Die deutschen Zirkusse erwirtschaften ihren Hauptumsatz innerhalb von drei Wochen: beginnend in der letzten Adventwoche, kurz vor Weihnachten, und endend meist um Epiphanias (6. Januar). Viele Zirkusveranstalter sind überhaupt nur noch im Weihnachtsgeschäft präsent - und verzichten auf die einst so typische "Sommertournee" (vgl. Reisezirkusse). Problematisch ist dabei: Die Branche beschleunigt selbst den Niedergang des klassischen Tourneezirkus. Durch die ständig wachsende Zahl an Weihnachtsshows macht man sich außerdem während der drei Wochen das Leben gegenseitig schwer, denn alle wollen natürlich möglichst gute Artisten aufbieten. Andererseits kann man zu keiner anderen Jahreszeit so viel hochwertigen, auch klassischen Zirkus live erleben. 

Bilder: Lange Schlangen vor den Kassen sind bei Weihnachtszirkussen keine Seltenheit. - 1: Dresdner Weihnachtscircus. - 2: Weihnachtscircus Osnabrück (Roncalli). -  3: Karlsruher Weihnachtscircus.

Das Wetter ist im Winter eigentlich weniger passend für Zeltzirkus: Neben Probleme mit Regen und Sturm treten hohe Heizkosten. Das Zirkuszelt wurde ursprünglich für Tournee-Zirkusse entwickelt. Aber wenn die Menschen in Massen kommen, wird das nebensächlich. Ein Großteil der Weihnachtszirkusse ist sehr stark besucht; viele Shows sind regelmäßig ausverkauft, manche laufen dreimal am Tag (Vormittage inbegriffen). 

Bilder - 1: Der Hanauer Weihnachtscircus (C. Barus) wirbt mit der Weihnachtsgeschichte. - 2: Den Süßwaren-Wagen in Würzburg (Circus Krone) ziert der Rentierwagen seltenerweise mal ohne Weihnachtsmann. -  3: Weihnachtsbäume gehören bei vielen Zirkussen zur Standard-Ausstattung (hier bei Roncalli in Osnabrück.

Fast alle Weihnachtszirkusse schließen über Jahre Verträge mit derselben Stadt und werben dann mit dem Städtenamen ("Dresdener" oder "Gelsenkirchener Weihnachtcircus" etc.). Viele Shows bieten Nummern von Weltklasse, wobei die artistische Qualität mancher Programme schon wieder rückläufig ist, weil es so viel Konkurrenz gibt. Indes bieten selbst kleinere und mittlere Zirkusse sehenswerte Weihnachtshows. Die Veranstalter sind häufig deutsche Zirkusfamilien, die teils noch mit Reisegeschäften auf Tour gehen. Etliche Weihnachtszirkusse werden aber auch von Event-Agenturen oder zirkusaffinen Einzelveranstaltern produziert. Manche Firmen sind an mehreren Orten gleichzeitig vertreten. An der Spitze stehen momentan Flic Flac und Thomas Schütte mit seinen Agenturen - jeweils in 6 Städten zur gleichen Zeit! 

Der Charakter der Programme ist sehr unterschiedlich. Je nachdem, wo man wohnt, bekommt man in seiner Nähe eher ein traditionelles Programm mit Tieren oder eine neuartige Akrobatenshow geboten - oder eben Action-Stunts bei Flic Flac, Theaterpoesie in Paderborn etc. etc. Wir finden es großartig, dass in manchen Städten wie Dresden, Heilbronn, Ulm, Schwerin, Frankfurt, Ravensburg und anderswo noch klassischer Zirkus unterschiedlicher Größe, aber in bester Qualität mit Live-Musik geboten wird. Die Zahl der Tiernummern und -arten ist derweil wegen des politischen Drucks fast überall stark reduziert worden.

Bilder: Der Charakter der Vorzelte unterscheidet sich stark, von kühler Lounge bis zu plüschigem Christbaumschmuck. - Oben - 1: Hannover. - 2: Würzburg. -  3: Bad Mergentheim. - Unten - 4: Mannheim. - 5: Schwerin. - 6: Stuttgart.

Immer weniger Menschen ist bewusst, dass Weihnachten eines der höchsten christlichen Feste ist: das Fest der Geburt Jesu Christi, des Mensch gewordenen Gottes. Der Advent ist aus dieser Perspektive eine stille Zeit der Buße - im Gegensatz zum Kommerz und Rummel der Weihnachtsmärkte. Auch für ausgelassene Zirkusshows wäre es vor dem Hintergrund passender, wenn sie erst kurz nach den Feiertagen beginnen würden. Dann aber passen sie auch von christlicher Warte aus, denn Weihnachten ist ein Fest der Freude, und Zirkus bringt Freude für die ganze Familie. Schon im letzten Jahrhundert wurden Zirkus-Fernsehshows wie Stars in der Manege oder Arena der Sensationen bevorzugt in der Weihnachtszeit ausgestrahlt (und die Aufzeichnung des Circusfestivals von Monte Carlo an Christi Himmelfahrt!).

Nur sehr wenige Zirkusse bieten freilich Referenzen zum christlichen Ursprung des Festes. Eine Ausnahme bildet z.B. der Circus Barus der Familie Frank in Hanau, der Teile der biblischen Weihnachtsgeschichte im Programm nacherzählt. Andernorts wie in Ulm wird eine Weihnachtskrippe im Vorzelt aufgebaut. In Ulm und Dresden werden Gottesdienste im Zirkus angeboten. Dagegen setzen Konzepte wie Flic Flac mit seinen X-mas Shows auf einen Gegentrend. In der Umformung des Wortes "Christmas" zu X-mas wird der Name "Christus" vermieden, wobei das X doch auf den griechischen Anfangsbuchstaben von Christus zurückgeht.

Bilder  oben - 1: Vor den Weihnachtsmarkt-Buden im Vorzelt (hier in Karlsruhe) drängen sich die Besucher. - 2: In den Tunneln zwischen Hauptzelt und Vorzelt (hier in Bonn) kommt die Menge oft nur gemächlich vorwärts. -  3: In den oft ausverkauften Shows sind auch Tiernummern sehr beliebt, sofern sie noch genehmigt sind (hier 2017 in Karlsruhe).


Machen Sie sich in unseren Link-Listen ein Bild, wo welche Zirkusse auf Sie warten. Reine Varietés bzw. akrobatische Hallen- und Bühnenshows listen wir nicht mit auf.